Spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung)

Was ist eine spezifische Immuntherapie / Hyposensibilisierung?

Die spezifische Immuntherapie, auch als Hyposensibilisierung bekannt, ist eine Therapieform, die darauf abzielt, das Immunsystem von Allergikern unempfindlicher gegenüber bestimmten Allergenen zu machen. Sie wird insbesondere bei Allergien gegen Pollen (Heuschnupfen), Hausstaubmilben, Insektengifte (Bienen- oder Wespenstiche) und Tierhaare angewendet. Im Gegensatz zu symptomatischen Behandlungen wie Antihistaminika, die lediglich die Symptome einer allergischen Reaktion lindern, setzt die spezifische Immuntherapie an den Ursachen der Allergie an und verändert die Reaktionsweise des Immunsystems langfristig.

Bei der Hyposensibilisierung wird das Allergen dem Patienten über einen Zeitraum von mehreren Monaten bis Jahren in steigenden Dosen verabreicht. Dies kann in Form von Injektionen (subkutane Immuntherapie, SCIT) oder als Tropfen oder Tabletten (sublinguale Immuntherapie, SLIT) geschehen. Ziel der Therapie ist es, das Immunsystem schrittweise an das Allergen zu gewöhnen und die Überempfindlichkeit zu verringern. Nach einer erfolgreichen Therapie reagiert das Immunsystem weniger stark auf das Allergen, was zu einer deutlichen Reduktion der Allergiesymptome führt.

Die Immuntherapie ist besonders bei saisonalen Allergien wie Heuschnupfen wirksam. Studien zeigen, dass die Therapie das Risiko von Asthma bei Patienten mit allergischer Rhinitis senken kann und die Notwendigkeit für symptomatische Medikamente reduziert. Die Behandlung dauert in der Regel drei bis fünf Jahre, wobei die ersten Effekte oft nach einem Jahr bemerkbar sind.

Die spezifische Immuntherapie ist jedoch nicht für alle Allergiker geeignet. Patienten mit schweren allergischen Reaktionen oder bestimmten Vorerkrankungen sollten vor Beginn der Therapie eine gründliche Untersuchung durch einen Allergologen durchführen lassen. Zudem ist es wichtig, die Therapie konsequent durchzuführen, da nur so langfristige Erfolge erzielt werden können.

Was hat es mit der „Desensibilisierung“ auf sich?

Der Begriff „Desensibilisierung“ wird oft im Zusammenhang mit der Behandlung von Allergien verwendet, ist jedoch aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht nicht ganz korrekt. Er bezieht sich allgemein darauf, jemanden weniger empfindlich oder „unempfindlich“ gegenüber einem Reiz zu machen. In der Allergologie wird der Begriff häufig als Synonym für die spezifische Immuntherapie (SIT) oder Hyposensibilisierung gebraucht, was allerdings zu Missverständnissen führen kann. Es gibt mehrere Gründe, warum „Desensibilisierung“ im strengen Sinne der Allergologie falsch oder ungenau ist:

Falsche Implikation der vollständigen Unempfindlichkeit

Der Begriff „Desensibilisierung“ suggeriert, dass das Immunsystem des Patienten nach der Therapie vollständig unempfindlich gegenüber dem Allergen wird. Das ist jedoch in der Regel nicht der Fall. Die spezifische Immuntherapie (SIT) oder Hyposensibilisierung zielt darauf ab, die Überreaktion des Immunsystems auf das Allergen zu vermindern und die Toleranz gegenüber dem Allergen zu erhöhen. Der Körper wird jedoch nicht vollständig „unempfindlich“, sondern nur weniger empfindlich, sodass die Symptome gemildert oder seltener auftreten.

Verwechselung mit kurzfristigen Maßnahmen

In anderen medizinischen Bereichen bezeichnet „Desensibilisierung“ oft eine kurzfristige Maßnahme, um das Immunsystem vorübergehend weniger empfindlich zu machen. Ein Beispiel hierfür ist die schnelle Desensibilisierung bei Medikamentenallergien, die häufig nur während einer akuten Behandlungsphase durchgeführt wird. Im Gegensatz dazu ist die spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung) eine langfristige Behandlung, die über mehrere Jahre erfolgt und das Ziel hat, eine dauerhafte Veränderung der Immunantwort herbeizuführen.

Immunsystem wird modifiziert, nicht „abgeschwächt“

Die spezifische Immuntherapie funktioniert nicht, indem das Immunsystem einfach „abgeschwächt“ wird, wie es der Begriff „Desensibilisierung“ nahelegt. Vielmehr wird die Immunantwort modifiziert. Durch die regelmäßige Verabreichung von steigenden Dosen des Allergens über einen längeren Zeitraum entwickelt das Immunsystem eine Toleranz gegenüber diesem Stoff. Dies geschieht durch eine komplexe Umstellung des Immunsystems, bei der T-Helferzellen und andere Immunzellen eine größere Rolle spielen.

Irreführend für Patienten

Der Begriff „Desensibilisierung“ kann bei Patienten falsche Erwartungen wecken. Wenn Patienten glauben, dass sie nach der Therapie vollkommen immun gegen das Allergen sind, können sie möglicherweise die notwendige Vorsicht gegenüber den auslösenden Stoffen vernachlässigen. In der Praxis bedeutet Hyposensibilisierung aber, dass zwar die Symptome gelindert werden, aber in den meisten Fällen keine vollständige „Unempfindlichkeit“ erreicht wird. Patienten müssen sich weiterhin bewusst sein, dass sie ihre Allergieauslöser, soweit möglich, meiden sollten.

Hyposensibilisierung ist der präzisere Begriff

Der Begriff Hyposensibilisierung ist genauer und präziser, da er beschreibt, dass das Ziel der Therapie darin besteht, die Empfindlichkeit des Immunsystems zu verringern („Hypo“ bedeutet „weniger“). Er vermittelt die realistische Erwartung, dass die Behandlung darauf abzielt, die Symptome zu lindern, aber nicht zwingend die Allergie vollständig zu „heilen“.

Fazit

Zusammenfassend ist „Desensibilisierung“ ein ungenauer Begriff in der Allergologie, da er suggeriert, dass das Immunsystem nach der Behandlung völlig unempfindlich gegenüber dem Allergen wird, was in den meisten Fällen nicht der Fall ist. Stattdessen spricht man korrekterweise von Hyposensibilisierung oder spezifischer Immuntherapie, da das Ziel darin besteht, die Überempfindlichkeit des Immunsystems schrittweise zu reduzieren und eine Toleranz gegenüber dem Allergen zu entwickeln.